Sachbuch
Gespräche mit Ulrike Schrimpf
"Meine Wünsche sind immer größer gewesen als die Dinge, die geschehen sind.
Nichts war dem Wunsch je gewachsen. Nein.
Sehen Sie, ich weil nicht, warum wir fähig sind, so sehr zu wünschen und zu begehren, um am Ende so wenig zu empfinden."
Marta in „Der Mann des Zufalls“
Sie ist die meistgespielte Theaterautorin unserer Jahre, seit kurzem auch durch ihre Romane bekannt. Und sie gilt als medienscheu.
Hier aber erscheinen erstmals Interviews im Druck, die Yasmina Reza in Paris jüngst der Berliner Literaturwissenschaftlerin Ulrike Schrimpf gab. Unverkennbar klingt die Stimme von Yasmina Reza aus diesen Gesprächen hervor: impulsiv, temperamentvoll, zuweilen sprunghaft, immer lebendig.
Sie zeigen unmittelbar und unverstellt die nachdenkliche, intensiv fühlende und entschiedene Autorin. Erkennbar wird nicht nur eine produktive Frau, die verqueren öffentlichen Festlegungen entkommen will, sondern auch ein Mensch, der sich im Schreiben weiterentwickelt.
Leseprobe
Ich denke nicht, dass der Schriftsteller den Menschen verändern kann. Ich denke auch nicht, dass der Schriftsteller die Menschen korrigieren sollte, indem er sie unterhält, denn die Menschen korrigiert man nicht. Die Formel „L’art pour l’art“ stört mich als Formel. Um aber trotzdem auf ihre Frage zu antworten, würde ich sagen, dass ich mich trotzdem dem „L’art pour l’art“ noch am nächsten fühle. Ich denke dass das Kunstwerk überhaupt keine Macht über das Allgemeine hat, dass es aber Macht über einen einzelnen Menschen haben kann. Das Kunstwerk ist nur für den einzelnen da. Kunst ist also nicht in dem Sinne wirkungslos, dass sie überhaupt nichts bewirken könnte. Das denke ich übrigens nicht als Schriftstellerin, sondern als Leserin, als Zuschauerin und als Musikliebhaberin. Die Werke, die mich aufgewühlt haben, waren einschneidende Ereignisse in meinem Leben. Ich denke also, dass Kunst eine Funktion hat. Und als Kunstschaffende, als Schriftstellerin, denke ich nie, also wirklich nie weder an die Gesellschaft noch an den Menschen im Allgemeinen und noch nicht einmal an den Menschen im Besonderen. Ich schreibe für mich.